Kalkbrennen

Aachener Trichterofen
Aachener Trichterofen

Das Brennen von Kalkstein (Calziumkarbonat, CaCO3) verfolgt das Ziel, das in ihm enthaltene Kohlendioxid (CO2) durch hohe Brenntemperaturen auszutreiben. Als Brennrückstand bleibt dann weißes Calziumoxid (CaO), der sogenannte Branntkalk, übrig.

Für die Füllung der Kalköfen ist neben der Qualität des Kalksteins auch dessen Stückigkeit maßgebend. Sie beeinflusst entscheidend die Sauerstoffzufuhr. Diese erfolgt von unten, wobei die Frischluft durch die Sogwirkung der heißen Ofenluft nach oben transportiert wird. Als Brennstoff für das Kalkbrennen wurde früher Holz oder Holzkohle und später Steinkohle oder Koks verwendet.

Ein Kalkofen wurde von oben her mit Rohstein und dazwischen lagenweise Brennstoff gefüllt. Bereits die oberen Lagen erwärmten sich langsam über der darunter liegenden eigentlichen Brennzone. Beim Absinken des Kalksteins in die eigentliche Brennzone im mittleren Teil des Ofens wurde dann der Kalk bei Temperaturen von 900 – 1200° C gebrannt, d. h. er gab sein Kohlendioxid in die aufsteigende Warmluft ab. Der gebrannte Kalk sammelte sich dann im unteren Teil des Ofens und wurde von dort abgezogen. Vom Geschick des Kalkbrenners hing es ab, ob es gelang, die Brennzone möglichst lange konstant in der Mitte des Ofens zu halten. Gebrannter Kalk (CaO) und Wasser (H2O) reagieren unter starker Wärmeabgabe zu Calciumhydroxid (Ca(OH)2, Kalkhydrat oder „Löschkalk”). Wird Löschkalk mit wenig Waser und Sand gemischt, entsteht ein Kalkmörtel, der früher als Bindemittel zwischen Mauersteinen verwendet wurde. Dazu muss Kalkmörtel Kohlendioxid aus der Luft aufnehmen und Wasser abgeben, wodurch wieder Calciumcarbonat entsteht. Die neuen Kalkkriställchen bilden dann mit den Sandkörnern ein festes Gefüge. Dieses „Abbinden” kann aber bei dicken Mauern Jahre dauern. Verdünnt man den Löschkalk stärker, dann wird seine wässrige Suspension als Kalkmilch bezeichnet, die mit wenig Sand als Kalktünche verwendet werden kann.

Schon in keltischer und römischer Zeit haben die Menschen in der Euregio Maas-Rhein Kalksteine gebrannt und für verschiedene Zwecke wie Mörtel, Kalktünche, Dünger u. a. nutzbar gemacht. In Südlimburg waren die Schreibkreidekalksteine der Oberkreide-Zeit dazu geeignet. Im Bereich der Vennfußtfläche waren es die Kalksteine der Mittel-bis Oberdevon-Zeit („Massenkalke”) und der Unterkarbon-Zeit („Kohlenkalk”), aus denen Branntkalk und andere Kalkprodukte hergestellt werden konnten.

Dabei hat sich die von den Römern übernommene Technologie des Kalkbrennens bis in das 19. Jahrhundert nur wenig geändert. Das Kalkgewerbe wurde meist von Bauern für den Eigenbedarf oder für einen Fremdbedarf in den Städten ausgeübt. Erst nach 1850 kam es wegen des höheren Kalkbedarfs z. B. der Eisen- und Stahlindustrie zum Übergang vom Kalkgewerbe zur Kalkindustrie mit verbesserten Technologien und größeren Kalköfen. Das galt besonders für die devonischen und unterkarbonischen Kalksteinvorkommen im Begisch-Aachener Grenzraum. In Walheim entstanden an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert vier große Kalköfen, in denen bis zur Mitte der 50er-Jahre industriell Kalk gebrannt wurde. In den historischen Steinbrüchen des St. Pietersbergs bei Maastricht wurde dagegen seit 1926 aus Kreidekalksteinen Zement hergestellt. In beiden Gebieten sind diese Nutzungen ihrer Kalksteine aber heute Geschichte.

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