Die ganze Geschichte der Kalkeifel

Die Geschichte der Kalkeifel lässt sich nach den heute dort zutage tretenden Gesteinen bis in die Unterdevon-Zeit (um 400 Mio Jahre v. h.) zurückverfolgen. Nur wenig jünger sind weit verbreitete Kalksteine und Dolomitsteine der Mitteldevon-Zeit (392 - 381 Mio Jahre v. h.).


Die ganze Geschichte der Kalkeifel (1)
Die ganze Geschichte der Kalkeifel (1)

Die Zeit der Steine

In der Zeit des späten Unterdevons war der Ablagerungsraum der Eifel noch ein flaches Schelfmeer vor einem im Norden gelegenen Kontinent („Old Red-Kontinent”). Mit seinen grünlichen und roten Sand- und Tonablagerungen (Klerfer Schichten) glich es einem Wattenmeer. Als sich die Nordküste dieses Flachmeers mit Beginn der Mitteldevon-Zeit (Eifel-Stufe) weit über den heutigen Nordrand der Eifel hinaus nach Norden verschob, änderte sich der Charakter der Sedimente im Gebiet der heutigen Kalkeifel deutlich. Sandschüttungen aus dem nördlichen Festland blieben weitgehend aus, so dass für am Boden lebende Meeresorganismen wie Korallen, Crinoiden (Seelilien), Brachiopoden (Armfüßer) und Stromatoporen (Schwammtiere) bessere Lebensbedingungen gegeben waren. Zwischen tonigen und mergeligen Meeresablagerungen bildeten sich also Kalksteine, die teilweise oder ganz aus den Schalen und Skeletten dieser marinen Tiere bestanden. In der späteren Mitteldevon-Zeit (Givet-Stufe) kam es sogar zur Bildung von mächtigen Riffkalksteinen ganz aus Korallen und Stromatoporen. Im Detail hat ein schneller zeitlicher und räumlicher Gesteins- und Faunenwechsel in der Mitteldevon-Zeit zu einer sehr detaillierten Schichtgliederung geführt. Gegen Ende der Mitteldevon-Zeit war das warme tropische Mitteldevon-Meer so flach und durch eine hohe Verdunstung so übersalzen, dass sich die Kalksedimente wegen eines besonders hohen Magnesiumgehalts in Dolomitsteine (CaMg(CO3)2) umwandelten.

In der mittleren Karbon-Zeit (um 325 Mio Jahre v. h.) unterlagen die bis dahin gebildeten Sedimentfolgen der heutigen Kalkeifel zusammen mit denen der umliegenden Eifelgebiete einem tektonischen Zusammenschub von Südosten her („Variszische Faltung”). Er führte zur Bildung von Südwest–Nordost-verlaufenden Sätteln und Mulden und zur Heraushebung des ganzen Faltenbündels zu einem Gebirge („Variszisches Gebirge”).

Die ganze Geschichte der Kalkeifel (2)
Die ganze Geschichte der Kalkeifel (2)

In der Folgezeit (Oberkarbon- und Perm-Zeit; bis 251 Mio Jahre v. h.) wurde der größere Teil dieses Variszischen Gebirges bis auf seinen unterdevonischen Gesteinssockel wieder abgetragen. Nur in der Kalkeifel blieben in einer Nord–Süd-verlaufenden tektonischen Depression („Eifeler Nord-Süd-Zone”) einige tief eingefaltete mitteldevonische Kalksteinmulden erhalten.

Danach - in der frühen Trias-Zeit (seit 249 Mio Jahre v. h.) - lagerten sich in dieser weiter einsinkenden Eifeler Nord-Süd-Zone Buntsandstein–Konglomerate und –Sandsteine ab. Nach ihren Schichtungsmerkmalen wurden sie von breiten, sich vielfach verzweigenden Flüssen aus südlicher Richtung hierher transportiert. Heute sind sie allerdings nur noch in einigen Einzelvorkommen als Erosionsreste erhalten geblieben. Denn das Gebiet blieb größtenteils Festland und unterlag als solches langandauernden Verwitterungs- und Abtragungsprozessen.


Die ganze Geschichte der Kalkeifel (3)
Die ganze Geschichte der Kalkeifel (3)

Die Zeit des Reliefs

Die Prägung des heutigen Reliefs der Kalkeifel begann bereits mit der Bildung einer Rumpfflächen-Landschaft nach Abtrag des Variszischen Gebirges im Perm. Bis in die späte Kreide-Zeit und in die Tertiär-Zeit bestand hier ein Flachrelief wie auch in den benachbarten Eifel- und Ardennenlandschaften. Nur wenige Feuersteinreste aus der späten Oberkreide-Zeit und einzelne Blöcke von verfestigtem Meeressand der jüngeren Tertiär-Zeit lassen darauf schließen, dass der Raum der Kalkeifel zwischenzeitlich doch noch hin und wieder kurzzeitig marin überflutet wurde.

Gegen Ende der Tertiär-Zeit begann dann eine allmähliche Anhebung des Gebietes, zunächst mit der Folge einer Verbreiterung der vorhandenen Talböden besonders in den Kalkgebieten. Als sich dann in der jüngsten Quartär-Zeit (vor etwa 800.000 Jahren) die Eifelhebung deutlich steigerte, tiefte sich auch hier das heutige weitständige Netz steilerer Engtäler in diese breiten Senken ein.

Im Detail sind die Kalkmulden der Kalkeifel heute durch verschiedene auffällige Karsterscheinungen geprägt. Trocken gefallene Täler und eine geringe Taldichte sind die Regel. Zu den Karstformen gehören auch durch Kalklösung erweiterte Karstschlotten, Dolinen und Höhlen. Unterhalb von Karstquellen kam es zur Bildung von z. T. mächtigen Kalksintern.

In dieser jüngsten Quartär-Zeit entstanden im südlichen Teil der Kalkeifel auch vulkanische Maare und Aschenkegel. Sie hielten sich an Südost-Nordwest verlaufende tektonische Bruchlinien. Die vulkanische Aktivität begann vor mindestens 600.000 bis 700.000 Jahren und hielt bis in die Nacheiszeit an. Letzte Zeugnisse dieser vulkanischen Ereignisse sind heute noch weit verbreitete Mineralquellen.


Die ganze Geschichte der Kalkeifel (4)
Die ganze Geschichte der Kalkeifel (4)

Die Zeit der Menschen

Während und unmittelbar nach der letzten Kaltzeit (Weichsel-Kaltzeit) waren die Eifellandschaften weitgehend waldfrei und ermöglichten den Menschen ein weites Umherstreifen. Die Karststeinhöhle bei Eiserfey und die Buchenlochhöhle bei Gerolstein sind heute bekannte steinzeitliche Fundplätze. Kontinuierliche Siedlungsspuren gibt es aber erst seit der Besetzung des Gebietes durch die Römer. In der klimatisch weniger rauhen und landschaftlich durch ein abwechslungsreicheres Relief und fruchtbare Böden begünstigten Kalkeifel entstand damals eine wichtige Verkehrsverbindung zwischen Köln und Trier, die Via Agrippa. Sie umfasste sowohl strategisch wichtige Militärposten an Kreuzungen und Flussüberquerungen als auch offene Siedlungen und Einzelhöfe für den Getreideanbau und die Viehhaltung. Außerdem wurde hier bereits ein gezielter Abbau von Buntsandstein als Werkstein und Kalkstein zum Kalkbrennen betrieben. Eine fast 100 km lange Trinkwasserleitung aus der nördlichen Kalkeifel nach Köln gehört heute zu den spektakulärsten technischen Baudenkmälern aus dieser Zeit.

Nach der Völkerwanderung beschränkten sich neue fränkische Siedlungen in der Kalkeifel zunächst auf die leichter zu erschließenden Bereiche der Kalkmulden. Erst in karolingischer Zeit und im Hochmittelalter gab es vermehrt auch Rodungen in der bis dahin bewaldeten Schiefergebirgsumgebung. Bis in das 19. Jahrhundert hinein wurde in der Kalkeifel eine extensive Feld-Weideland-Wechselwirtschaft („Schiffelwirschaft”) praktiziert. Nach jeweils 4 Jahren Ackerbau war der Boden ausgelaugt. Er diente dann 15 Jahre lang als Magerweide. Danach wurden Gras und Heide abgehoben („geschiffelt”) oder abgebrannt. Die „Schiffel” dienten als Viehstreu oder Brennmaterial, die Asche als Dünger für die neue Saat.

Mit dem Hochmittelalter setzte in der Kalkeifel ein bedeutender Eisenerzbergbau ein. Vor allem eisenhaltige Kalksteine der frühen Mitteldevon-Zeit (Heisdorfer Schichten) wurden abgebaut. Für die zur Eisenverhüttung benötigte Holzkohle wurden in den Wäldern Eichen, Buchen und Birken geschlagen, so dass mit der Zeit zunehmend große Flächen Wald in die Acker- bzw. Weidenutzung übergingen.

Zwischen dem 16. bis zum 18. Jahrhundert blieb auch die inzwischen in viele kleine weltliche und kirchliche Herrschaftsgebiete zersplitterte Kalkeifel nicht von größeren Kriegsereignissen verschont (Dreissigjähriger Krieg, Erbfolgekriege u. a.). Erst die Besetzung durch napoleonische Truppen zwischen 1794 und 1814 bezog das Gebiet – wegen seiner Abseitslage allerdings nur abgeschwächt - in einen allgemeinen Modernisierungsschub mit ein.

In preußischer Zeit (nach 1816) wurden in der Kalkeifel verstärkt Straßen gebaut und das Land durch Eisenbahnen für den Durchgangsverkehr erschlossen. Die Eisenbahnstrecke Köln – Kall – Gerolstein – Trier wurde 1870/71 eröffnet. Trotzdem konnte das Gebiet mit der Industrialisierung außerhalb liegender Gebiete nicht Schritt halten. Die Zahl der Weberei- und Gerbereibetriebe nahm ab. Die Förderung von Eisenerz wurde in der Mitte des Jahrhunderts eingestellt. Auch die Landwirtschaft konnte trotz mancher Unterstützung nicht wettbewerbsfähig bleiben. Eine verstärkte Abwanderung vieler Menschen in benachbarte Industriegebiete oder nach Übersee war die Folge.

Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam es – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – zu einem stärkeren Austausch zwischen den Ortschaften in der Kalkeifel und außerhalb liegenden Städten und Industriezentren. Das löste einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung auf und begründete auch neue Arbeitsplätze am Ort. Als besonders zukunftssichere Wachstumsbranche gilt heute der Ausbau eines natur- und landschaftsverträglichen Tourismus.

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