Die ganze Geschichte des Kempenlandes

Oberkarbon- bis jüngste Tertiär-Zeit im Kempenland
Oberkarbon- bis jüngste Tertiär-Zeit im Kempenland

Die Zeit der Steine

Für den Besucher beginnt die geologische Geschichte des Kempenlandes im Zeitalter des Oberkarbons (358 - 296 Mio Jahre vor heute).

Damals kamen hier vor dem Nordrand des „Brabanter Massivs”, eines aus älteren kambrischen, ordovizischen und silurischen Gesteinen bestehenden Grundgebirgssockels (vgl. Die ganze Geschichte des Hespengaus ) Tonsteine und Sandsteine mit Kohleflözen der Westfal-Stufe zur Ablagerung. Sie bildeten die Grundlage eines zwischen 1900 und 1974 durchaus erfolgreichen Steinkohlenbergbaus im Kempenland. Unterlagert wurden diese flözführenden Schichten des Oberkarbons wie die Steinkohlenlager des Lütticher und Aachener Reviers von älteren Kalksteinen und Rotsandsteinen aus der Unterkarbon- und Mitteldevon-Zeit.

Nach langer Sedimentationsunterbrechung infolge der Heraushebung des Brabanter Massivs und seiner nördlichen Randbereiche am Ende der Oberkarbon-Zeit überflutete ein europaweites Oberkreide-Meer auch das Gebiet des heutigen Kempenlandes. Es hinterließ wie auch im südlich angrenzenden Haspengau und im östlich benachbarten Südlimburger Hügelland feuersteinführende Kreidekalksteine (Gulpen-Formation und Maastricht-Formation). Diesen folgten weiterhin marine Sand- und Tonablagerungen der frühen und mittleren Tertiär-Zeit (u. a. Landen-, Tongeren- und Rupel-Formation). Aus der jüngeren Tertiär-Zeit (Miozän) sind auch Strandsande mit dünnen Braunkohlenflözen (Breda-Formation) überliefert.


Das heutige Relief im Kempenland
Das heutige Relief im Kempenland

Die Zeit des Reliefs

Als sich gegen Ende des Tertiar-Zeit, im Pliozän (5,3 bis 2,5 Mio Jahre vor heute), die Küste des Tertiär-Meeres nach Norden zurück verlagerte, entstand im Kempenland zunächst eine flache Ebene aus Sand- und Tonablagerungen von kleineren Flüssen aus Süden und von Seen.

Viel später, als sich vor rd. 800.000 Jahren das südliche Hinterland, die heutigen Ardennen, zu heben begann, schotterte die West-Maas die ausgedehnte Terrassenlandschaft des Kempen-Plateaus auf.


Die Zeit der Menschen

Wegen seines kiesigen und sandigen Untergrunds war der heute zur Euregio Maas-Rhein gehörende Teil des Kempenlandes für eine frühe menschliche Besiedlung wenig geeignet. In keltisch-römischer Zeit bestand seine natürliche Vegetation aus Eichen- und Birkenwäldern. Trotz der geringen Bodenfruchtbarkeit bezeichneten die Römer das Gebiet aber als „campina” (Felder), worauf seine heutige französische Bezeichnung Campine bzw. sein niederländischer Name Kempen zurückgeht.

Die eigentliche Rodungsperiode des Gebietes begann im Mittelalter. Dabei wurde im Verlauf der Jahrhunderte ein Großteil der Flächen durch Übernutzung zu Heideflächen. Historische Karten aus dem 18. Jahrhundert verzeichnen im Kempenland einen deutlich geringeren Waldbestand als heute. Wo die Heide für die bis vor 150 Jahren übliche Plaggendüngung abgestochen wurde, konnte aus den vegetationsfreien Flächen Flugsand ausgeblasen werden, aus dem ganze Dünenfelder entstanden.

So war das Kempenland bis in das 19. Jahrhundert hinein eine arme, von ertragsschwacher Landwirtschaft geprägte Gegend. Größere Städte fehlten. Erst als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Steinkohlenflöze im tieferen Untergrund entdeckt wurden, entstand hier ein ganz neues belgisches Kohlerevier. Wegen des 1. Weltkrieges konnte die Förderung allerdings erst in den 1920er Jahren beginnen. Mitte der 1960er Jahre förderten die staatlichen Minen des Kempenlandes etwa gleich viel Kohle wie die 36 übrigen Steinkohlezechen der wallonischen Region zusammen. 1974 musste der Steinkohlenbergbau wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt werden.

Schon in der Zeit des Kohlenbergbaus waren die großen Heideflächen des Kempenlandes wieder aufgeforstet worden, nicht zuletzt um Grubenholz für die Bergwerke zu gewinnen. Dadurch ist besonders die Landschaft des Kempenplateaus heute wieder abwechslungsreich mit Kiefernwäldern, Seeen und Moorflächen, Heidereservaten und Sanddünen versehen. Im Jahr 2006 wurde der Nationalpark Hoge Kempen zwischen Genk und Maasmechelen gegründet. Als erster und einziger Nationalpark Belgiens umfasst er eine Fläche von ca. 5750 Hektar Heide, Wald und Wasserflächen.

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