Historische Grenzen und Straßen im Hohen Venn

Historische Grenzen im Hohen Venn vor 1789
Historische Grenzen im Hohen Venn vor 1789

Seitdem die Menschen rund um das Hohe Venn Verkehrswege anlegten und Siedlungen gründeten, treffen sich in dessen hoch gelegenen Wald- und Moorgebieten auch Grenzen.

In römischer Zeit verlief die Grenze zwischen den Verwaltungseinheiten Köln (Civitas Coloniensis) und Tongeren (Civitas Tungriensis) von der Weser her die Hill aufwärts bis zu deren Quelle und weiter am Polleurbach entlang zum Rotwasserbach (Eau Rouge) bis nördlich von Malmedy. Verkehrswege über das Hohe Venn sind aus dieser Zeit nicht bekannt.

Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit teilten sich fünf Herrschaften das Gebiet des Hohen Venns: im Nordwesten das Bistum Lüttich, im Südwesten das Doppelkloster Stavelot-Malmedy, im Norden das Herzogtum Limburg, im Süden das Herzogtum Luxemburg und im Osten das Herzogtum Jülich.

Die Grenze zwischen dem Bistum Lüttich und dem Doppelkloster Stavelot-Malmedy verlief von Hockai aus nördlich des Polleurtals bis zur Höhe Baraque Michel. In ihrer Fortsetzung bildete der Oberlauf der Hill die Grenze zwischen den Herzogtümern Limburg und Luxemburg.

Als Grenze des Bistums Lüttich gegen das Herzogtum Limburg galten der Oberlauf der Gileppe und in seiner Fortsetzung eine Verbindungslinie nach Baraque Michel. Mit einem kleinen Versatz nach Osten setzte sich diese dann als Grenze der Klosterherrschaft Stavelot-Malemdy gegen das Herzogtums Luxemburg zwischen Sourbrodt und Robertville fort. Später wurde das Limburger Gebiet um einen schmalen Zipfel bis zur Botrange erweitert.

Die Westgrenze des Herzogtums Jülich gegen das Herzogtum Limburg verlief von Roetgen entlang der Weser und den Eschbach aufwärts bis zum Getzbach und weiter entlang einem Grenzgraben in Richtung Hertogenhügel. Hier stieß sie auf die Nordgrenze des Herzogtums Luxemburg von der Hillquelle über den Herzogenhügel in Richtung Kalterherberg und weiter nach Südwesten.

Abgesehen davon, dass sowohl Limburg seit 1404 als auch Luxemburg seit 1451 zum Herrschaftsbereich Burgund gehörten und damit nacheinander unter habsburgische, spanische und österreichische Verwaltung fielen, galt diese territoriale Gliederung der Kerngebiete des Hohen Venns bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.

Aus dieser Zeit des Mittelalters und der frühen Neuzeit sind verschiedene überregionale Wege und unbefestigte Straßen bekannt, die das damals gänzlich unbesiedelte Hohe Venn querten.

Als älteste Nord-Süd-Verbindung gilt die Via Mansuerisca, eine als Knüppeldamm über das Moor geführte Landstraße von Hestreux westlich Eupen nach Sourbrodt. Nach heutiger Kenntnis entstand sie wischen dem 6. und 8. Jahrhundert nach Christus.

Aus karolingischer und nachkarolingischer Zeit ist eine vielbegangene mittelalterliche Pilgerstraße von Aachen nach Trier (und umgekehrt) belegt. Sie verlief von Aachen und/oder Kornelimünster über Roetgen zum Reinartzhof. Von dort querte sie das Steinley-Venn und den Steling und verlief weiter über Mützenich in Richtung Monschau oder über das Kloster Reichenstein nach Süden.

Daneben entwickelte sich zwischen dem 15. und dem 18. Jahrhundert eine sogenannte Kupferstraße von Aachen bzw. Stolberg über Roetgen und den Stehling nach Süden in Richtung Elsenborn und Bütgenbach. Auf ihr wurden Messingerzeugnisse der Aachener und Stolberger Messingindustrie nach Luxemburg und weiter nach Frankreich transportiert.

In den breiten Moorgebieten des westlichen Hohen Venn hielt sich im späten Mittelalter ein neuer Weg von Sourbrodt nach Eupen noch eng an die Streckenführung der Via Mansuerisca. Ein weiterer Weg führte von Sourbrodt über Baraque Michel nach Jalhy und weiter nach Limburg. Von diesem Weg sind heute noch Wegzeichen wie die Hauptmannsäule bei Botrange und die Pannhaus Säule mit der eingemeißelten Jahreszahl 1566 erhalten.

Überregional bedeutsam war auch ein sehr alter Weg von Hockai nach Longfaye. Zeitweilig markierte er die Südgrenze des Bistums Lüttich und wurde deshalb als Alte Vequée (Bistumsstraße) bezeichnet. Bei Longfaye traf er auf eine sogenannte Eisenstraße (Voie de Fer), auf der zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert Roheisen von Schleiden über Kalterherberg, Sourbrodt und Hockai nach Franchimont und Lüttich transportiert wurde.

Historische Grenzen im Hohen Venn von 1816 bis 1919
Historische Grenzen im Hohen Venn von 1816 bis 1919

Nach der Franzosenzeit (1798 – 1814) und dem Wiener Kongress (1816) änderte sich die politische Landkarte im Hohen Venn fundamental. Das Bistum Lüttich und der größte Teil Limburgs wurden dem Königreich der Niederlande zugesprochen. Nach der Gründung des Königreichs Belgien 1830 gehörten sie zu Belgien. Der westliche Teil der ehemaligen Klosterherrschaft Stavelot-Malmedy (Malmedy) fiel an Preußen, ebenso ein nördlicher Teil des ehemaligen Herzogtums Luxemburg.

Seit 1816 querte also nur noch eine Landesgrenze das Hochplateau des Hohen Venns. Zuerst trennte sie die Niederlande und Preußen und seit 1830 Belgien und Preußen und seit 1870 Belgien und Deutschland. Diese Grenze verlief von Eupen im Norden die Hill aufwärts bis zur Hillquelle, von dort nach Baraque Michel und entlang einer Neuen Vequée bis kurz vor Hockai. Von dort setzte sie sich entlang dem Rotwasserbach (Eau Rouge) in Richtung Malmedy fort. In Teilen wird diese Grenze heute noch durch 1,40 m hohe sechsseitige Grenzsteine markiert.

Mit Beginn der Industrialisierung im nördlichen Vorland des Hohen Venns in der Mitte des 19. Jahrhunderts und der damit zunehmenden überregionalen wirtschaftlichen Verflechtung wurden neue Verkehrswege auch über das Hohe Venn immer wichtiger. 1804 hatte Napoleon die erste moderne Straße von Aachen über Roetgen nach Monschau bauen lassen.

1844 baute Preussen die Straße Eupen-Monschau aus. Zwischen 1855 und 1857 wurde eine neue Straße von Eupen nach Malmedy fertiggestellt und die Straße von Sourbrodt nach Mot Rigi ausgebaut. Schließlich verkehrte seit 1885 eine Vennbahn zwischen Aachen und Luxemburg mit Bahnhöfen in Raeren, Roetgen, Konzen, Mützenich, Kalterherberg und Sourbrodt.

1919 verlegte der Versailler Vertrag die deutsch-belgische Grenze weit nach Osten, sodass seitdem der weitaus größere Teil des Hohen Venns mit den meisten noch erhaltenen Moorgebieten auf belgischem Staatsgebiet liegt.

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