Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht

Druck- und Zugspannungen als Ursache der Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht
Druck- und Zugspannungen als Ursache der Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht

In der Jülicher und Zülpicher Börde ereignen sich bis heute immer wieder Erdbeben. Der Grund dafür ist ihre Lage in einer seismisch aktiven Zone, die sich von den Niederlanden im Norden über das Mittelrheingebiet bis zum Oberrheintal-Graben im Süden erstreckt.

Seit der frühen Tertiär-Zeit war diese Zone durch eine tektonische Dehnung der Erdkruste in Südwest-Nordost-Richtung gekennzeichnet. Als deren Ursache gilt eine senkrecht dazu nach Nordwesten gerichtete Druckbeanspruchung Mitteleuropas durch die Alpenfaltung. Nördlich der Eifel und des Rechtsrheinischen Schiefergebirges führte die tektonische Dehnung zu einer langfristigen Absenkung der Niederrheinischen Bucht an bis heute aktiven tektonischen Abschiebungen.

Der normale Bewegungsablauf auf derartigen Abschiebungsflächen ist ein aseismisches Kriechen, also ein langsames kontinuierliches Verschieben der beiden aneinandergrenzenden Gesteinsschollen gegeneinander. Wenn sich die Schollen allerdings verhaken, kann der Reibungswiderstand große Spannungskräfte entlang ihrer Grenzfläche aufbauen. Ein Überschreiten des Reibungswiderstandes löst diese Spannung plötzlich und führt dadurch zu einer ruckartigen Erschütterung im Gestein, deren Druck- und Scherwellen sich nach allen Seiten ausdehnen. So wird ein Erdbeben auch an der Erdoberfläche spürbar.

Historische Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht
Historische Erdbeben in der Niederrheinischen Bucht

Für die erdgeschichtlich lange Zeit des Tertiärs und des Quartärs (65 Mio Jahre) lässt sich die Absenkungsgeschichte der Niederrheinischen Bucht einschließlich der Jülicher und Zülpicher Börde im Detail nach der Mächtigkeit ihrer Sedimentfüllung rekonstruieren. Hinweise auf kurzzeitige Erdbebenereignisse sind aber erst seit dem frühen Mittelalter durch schriftliche Aufzeichnungen dokumentiert. Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts gibt es auch systematische Registrierungen durch Erdbebenstationen.

Vor allem die Abschiebungen beiderseits der Rurscholle, die Heerlerheide-Störung und Feldbiss-Störung im Westen und die Rurrand-Störung und der Peelrandbruch im Osten, sowie das Erftsprungsystem waren in historischer Zeit besonders aktiv. Die Zentren besonders ausgedehnter Schadensbeben lagen bei Gressenich (1755), Düren (1640, 1756), Zülpich (1812), Herzogenrath (1873, 1878), Tollhausen bei Bergheim(1878), Euskirchen (1950, 1951), Heinsberg (1971), Alsdorf (2002) und Roermond (1992). Als Schäden wurden Mauerrisse, beschädigte Häuser und der Einsturz von Schornsteinen registriert. Es gab aber auch Verletzte und Tote.

Seit 1975 werden die Erdbeben der Niederrheinischen Bucht von der Erdbebenwarte Bensberg und seit 1975 auch vom Geologischen Dienst NW in Krefeld systematisch erfasst und veröffentlicht. Danach ereignen sich mehrmals im Monat Kleinbeben, die aber in der Regel nicht gespürt werden. Ein fühlbares Erdbeben gibt es im langjährigen Mittel alle drei Monate. Die Herdtiefen liegen normalerweise zwischen 6 und 16 km.

Die Jülicher und die Zülpicher Börde gehören heute zu den erdbebenreichsten Gebieten in Deutschland. In der Einschätzung der Erdbebengefährdung von Bauwerken nach DIN 4149 gehört sie in die am meisten gefährdete Zone 3.

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